Wer war Maria Montessori?

Maria Montessori (1870-1952) wuchs in einer großbürgerlichen italienischen Familie auf . Sie erwarb Ende des 19. Jahrhunderts als erste Frau einen Doktortitel in Medizin und arbeitete erfolgreich als Ärztin.

1901 nahm sie erneut das Studium auf, diesmal Anthropologie, Philosophie und Erziehungsphilo-sophie, und entwickelte ihre eigene pädagogische Richtung.

Am 6. Jänner 1907 eröffnete sie dann das erste Kinderhaus, die casa dei bambini, im römischen Proletarierviertel San Lorenzo und sorgte damit für eine bis heute revolutionäre Entwicklung im Erziehungs- und Bildungswesen.

Maria Montessori wurde am 31.08.1870 in Chiaravalle bei Ancona (Italien) geboren. Italien war zu diesem Zeitpunkt von Gegensätzen zwischen Arm und Reich, wenigen Machthabern und vielen Armen geprägt. Kinder mussten frühzeitig zum Familienerhalt beitragen, regelmäßiger Schulbesuch war Luxus.

Maria Montessori wurde in eine gutbürgerliche Familie geboren und konnte also 1875 die öffentliche Volksschule besuchen. Das bedeutete: bewegungslos in der Bank sitzen und auswendig gelernte Lektionen wiedergeben. Nach wenigen Jahren zeigte sie Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften und trat - für Mädchen damals unüblich - statt in ein Gymnasium in eine technisch, naturwissenschaftliche Schule ein.

Sie schockierte ihre Eltern mit dem Wunsch Medizin zu studieren. 1890 gab es in ganz Italien keine Ärztin. Gegen den Willen ihres Vaters meldete sie sich an, wurde aber abgewiesen. Maria Montessori begann Mathematik, Physik und Naturwissenschaften zu studieren und hatte nach Ablegung der Prüfungen die Berechtigung für ein Medizinstudium erlangt. Bis heute ist nicht geklärt, wie sie die zuständigen Stellen überzeugen konnte: Sie begann 1892 als erste Frau Italiens mit dem Medizinstudium.

Von heute unvorstellbaren Schwierigkeiten sei nur eine erwähnt: Sie musste alleine und des Nachts sezieren. Mit ihrer unbeugsamen Willenskraft schaffte sie auch dies; in den letzten beiden Jahren arbeitete sie bereits als Assistentin im Krankenhaus. Sie begann sich mit Kinderheilkunde und Psychiatrie zu beschäftigen.

1896 schloß sie ihr Studium mit großem Erfolg ab; alle Zeitungen berichteten über die erste Ärzting Italiens.

Im selben Jahr trat sie auf dem Berliner Frauenkongress auf und begeisterte mit ihren Reden.

Nach Arbeiten an der Universitätsklinik und in der eigenen Praxis meldete sie sich für eine Assistentenstelle an der Psychiatrischen Klinik, wo sie ein Schlüsselerlebnis mit schwachsinnigen Kindern hatte: Diese spielten - in Ermangelung irgendeines anderen Spielzeuges, weil die Zimmer eher Zellen glichen und völlig kahl waren - intensiv und konzentriert mit Essensbrösel. Sie stieß auf die Werke von J.G.Itard und E.Seguin, die beide davon überzeugt waren, behinderte Kinder besonders anregen zu müssen. Maria Montessori war - nach eingehender Beschäftigung mit behinderten Kindern - der Überzeugung: "Das Problem dieser Kinder ist in erster Linie ein pädagogisches, nicht ein medizinisches"

1899 wurde Maria Montessori Dozentin an der Lehrerbildungsanstalt und Direktorin eines Institutes zur Ausbildung behinderter Kinder. In der dort angeschlossenen Modellschule setzte sie die Materialien von Itard und Seguin und später auch ihre eigenen Materialien ein. Ihre Erfolge - die Kinder konnten nach 2 Jahren bereits die Regelschule besuchen - erregten größte Aufmerksamkeit. Maria Montessori begann sich aber zu fragen, was am "normalen" Schulsystem so falsch sein könne, daß geistig gesunde Kinder derartig schwache Leistungen erbrachten.

Sie verließ das Institut und begann neuerlich Anthropologie und Psychologie zu studieren, wohl auch wegen Dr. Giuseppe Montessano. Maria Montessori wurde schwanger. Dr. Montessano verließ sie, und da ein uneheliches Kind damals das Ende ihrer Arbeit bedeutete, brachte sie es heimlich zur Welt und ließ es bei einer Pflegefamilie am Land aufwachsen. Umso mehr widmete sie sich der Erziehung von Kindern.

Die einsetzende Landflucht führte 1906 zum sozialen Wohnbau. Um die Miete sicherzustellen wurden diese Wohnungen an Familien vermietet, in denen beide Elternteile berufstätig waren. Dies wiederum führte zur völligen Verwahrlosung der Kinder. Um die Beschädigungen gering zu halten, trat man an Maria Montessori heran, bei der Suche nach einer Betreuung behilflich zu sein. Sie sah eine Möglichkeit, ihre Arbeiten mit gesunden Kindern erproben zu können und nahm - sehr zur Verblüffung aller - die Stelle selbst an. Am 6.Januar 1907 eröffnete sie ihr Casa dei Bambini in San Lorenzo.

Das Kinderhaus war bald berühmt und die Leute kamen um das Wunder zu sehen: Verwahrloste, vernachlässigte und verschreckte Kinder begannen, selbständig mit Material zu arbeiten. Mit einer Hingabe und einer Konzentration, die niemand für möglich hielt.

Weitere Kinderhäuser wurden eröffnet: Rom, Mailand. Nicht nur Armenviertel, auch Mittel- und Oberschichten. Woher immer die Kinder auch kamen: Sie begannen nach kurzer Zeit, mit dem Material zu arbeiten und den Prozess der "Normalisierung" (Montessori) durchzumachen. 1909 veranlasste das riesige Interesse Maria Montessori zum ersten Ausbildungskurs für Lehrer und Interessierte. Ihr Buch "Il metodo della pedagogica scientifica" erschien im gleichen Jahr.

Maria Montessori beschloß im Alter von vierzig Jahren, sich ausschließlich diesen Vorträgen zu widmen und gab Praxis und Dozentur auf. Von da an war sie sehr viel auf Reisen um alle Kurse und Fortbildungen selber zu halten. Ihr Vertrauen in Kinder, ihren eigenen Weg zu finden, konnte sie auf Erwachsene nicht ausdehnen. Sie hatte Angst, nicht richtig verstanden zu werden und erlaubte niemandem, Kurse zu halten.

1911 gab es bereits in Italien, Schweiz, Paris, New York, Boston aber auch in England und Argentinien Schulen nach der Montessori Methode.

Es folgten Reisen in die USA, die Übersiedlung nach Barcelona, Vorträge in den Niederlanden die 1917 mit der Gründung der niederländischen Montessori Gesellschaft gipfelten.

Zwischen 1919 und 1922 bereiste sie England und hielt Vorträge in Amsterdam, Paris, Mailand, Rom, Neapel und Berlin.

1924 wurde nach einer Begegnung von Maria Montessori und Mussolini die Montessori-Methode in den italienischen Schulen eingeführt. 1926 bereist Maria Montessori Südamerika.

1929 wird die AMI (Association Montessori Internationale) gegründet, deren Sitz bis 1935 in Berlin, danach in Amsterdam ist. Im selben Jahr findet auch der 1. internationale Montessori Kongress in Helsingor (Dänemark) statt. 1932 2. internationaler Montessori-Kongress in Nizza.

1933 Der Nationalsozialismus zerstört die deutsche Montessori Bewegung. 3. internationaler Montessori-Kongress in Amsterdam.

1934 Die italienischen Montessori Schulen werden nach einem Konflikt mit den Faschisten geschlossen. 4. internationaler Montessori-Kongress in Rom.

Der Bürgerkrieg in Spanien veranlasst Montessori 1936 Barcelona zu verlassen und nach Amsterdam zu übersiedeln. 5. internationaler Montessori-Kongreß in Oxford.

1937 6. internationaler Montessori-Kongress in Kopenhagen. Friedenskongress.

1938 7. internationaler Montessori-Kongress in Edinburgh.

1939 verlässt Maria Montessori Europa und zieht nach Indien. Sie lebt bis 1946 in Adyar und verhilft der indischen Montessori Bewegung zu einem Aufschwung.

1947 kommt es zur Neugründung der italienischen Montessori Gesellschaft (Opera Montessori) und 40 Jahre nach Gründung des "Casa dei Bambini" entstehen erste Pläne für den Aufbau einer Montessori Universität in Madras. Obwohl bereits hochbetagt folgen Reisen nach Indien (1947), Ceylon (1948), Pakistan (1949), die Rückübersiedlung nach Europa. 1949 findet auch der 8. internationale Montessori-Kongreß in San Remo statt.

1950 folgen Reisen nach Norwegen, Schweden. Montessori feiert ihren 80. Geburtstag auf einer internationalen Konferenz in Amsterdam. Sie reist nach Italien.

1951 9. internationaler Montessori-Kongress in London. Maria Montessori reist nach Tirol und hält dort ihren letzen Ausbildungskurs in Innsbruck. Maria Montessori verstarb am 06.05.1952 in Nordwijk aan Zee (Niederlande) mitten in den Überlegungen für eine Afrikareise.

"Es ist wohl wahr, dass viel getan wird, aber was wäre denn der Fortschritt, wenn nicht das Erkennen von Dingen, die zuvor nicht erkannt worden sind, als das beständige Verbessern all dessen, was bereits ausreichend, ja unübertrefflich zu sein schien?

So gibt es immer noch kein Land der Erde, in dem das Kind zur Genüge verstanden wird"

(Maria Montessori, "Il segreto dell'infanzia" [Kinder sind anders])